"Kinder aus suchtbelasteten Lebensgemeinschaften-
Vergessenen Kindern eine Stimme geben"
so lautete das Thema der diesjährigen Jahreskonferenz der Hessischen
Landesstelle für Suchtfragen e.V. in Frankfurt am Main. Im
Vorfeld wurde in der Sitzung der HLS- Landeskonferenz, dem
Zusammenschluss der hessischen Suchtselbsthilfeorganisationen,
bewusst dieses Thema ausgewählt, da es ein oftmals ein
vernachlässigtes Thema ist.
Knapp 140 Teilnehmende fanden sich am Samstag, den 19.März 2016 im
Bürgertreff Saalbau Gutleut ein. Die beachtliche Zahl der
Gäste zeigte das große Interesse an diesem Thema.
Um 9.30 Uhr eröffnete Christine Müller, Sprecherin der Landeskonferenz
Suchtselbsthilfe die Tagung. Hierbei stellte sich kurz den
Verein
Nacoa
vor, der unter anderem jährlich eine Suchtwoche für Kinder
durchführt, um auf deren Leid aufmerksam zu machen.
Sie begrüßte Detlef Betz, Vorsitzender der HLS, der die Gäste mit einer
Aussage einer Betroffenen über die Gefühle und die
Hilflosigkeit gegenüber der Situation in das Thema einführte.
Frau Rosa M. Winheim als Vertreterin des hessischen Ministeriums für
Soziales und Integration überbrachte das Grußwort des
Schirmherrn Herrn Sozialminister Stefan Grüttner. Frau Winheim
begleitet die Jahreskonferenz schon seit etlichen Jahren und
hat immer viele lobende Worte für das Engagement der Haupt-
und Ehrenamtlichen Mitstreiter in der HLS. Sie betonte
besonders die Wichtigkeit des heutigen und leider lange
vernachlässigten Themas.
Äußerst eindrucksvoll wurden die Anwesenden durch die Aufführung des
Theaterstückes "Machtlos" mit Jugendlichen aus
suchtbelasteten Familien vom Projekt Große Freiheit,
Freundeskreise aus Gescher/ NRW, mit der Gefühlswelt der
jungen Leute konfrontiert.
In einzelnen Sequenzen zeigten die jungen Leute typische
Szenen zwischen suchtkranken Eltern und ihren Kindern. Mit
Worten und vor allem mit Liedern gaben sie ihren Gefühlen und
Gedanken eine Macht, die alle Anwesende stark berührte.
Nach der anschließenden lebhaften Diskussion mit den
Schauspieler/ innen, die sehr offen über eigene Erfahrungen
oder Beobachtungen des Konsumverhaltens gleichaltriger
Jugendlicher berichteten, war es Zeit für eine kurze Pause.
Als nächstes berichtet Yvonne Rinnen vom Projekt "Lichtblick",
integrative Drogenhilfe Frankfurt (iDH), über die ambulante
Arbeit mit Kindern drogenabhängiger Eltern. Hierbei geht es um
die Beratung für suchtmittelabhängige und substituierte
Eltern. Im Interesse des Kindes sollte ein Sorgerechtsentzug
nach Möglichkeit vermieden werden. Dazu gehört eine
Kooperation mit freien Trägern sowie staatlichen und
städtischen Einrichtungen, wie z.B. das Jugendamt. Lichtblick
unterstützt, wenn möglich die Herauslösung der Eltern aus der
Drogenszene. Oberstes Ziel jedoch ist die gesunde körperliche
und seelische Entwicklung der Kinder, sowie der Kinderschutz
gemäß § 8a SGB VIII.
Das zweite Referat zum Thema lieferte Udo Röser vom "Therapiedorf Villa
Lilly" Bad Schwalbach, Hilfe für Kinder suchtkranker Eltern
im stationären Kontext. Das Therapiedorf Villa Lilly ist eine
stationäre Einrichtung der medizinischen Rehabilitation zur
Durchführung einer Entwöhnungsbehandlung. Das besondere hier
ist eine kombinierte Eltern- Kind Behandlung in einer
stationären Einrichtung, d.h. Suchthilfe und Jugendhilfe unter
einem Dach. Das Ziel der Betreuung liegt bei der
Abstinenzstabilisierung der Eltern, der Sicherung des
Kindeswohls und der Förderung der Eltern- Kind- Beziehung.
Hier werden zurzeit etwa 10 Kinder im Vorschulalter betreut.
Im dritten Beitrag stellt Sigrid Hoffmann vom Kreuzbund Diözesanverband
Limburg das Projekt "Smiley Kids " vor. Im September 2014
wurde das Projekt nach dem Muster des bereits seit 1996
bestehenden Modells aus dem Kreuzbund Diözesanverband
Paderborn offiziell eingeführt. Hier können sich die
betroffenen Kinder 1 x im Monat spielerisch und auch in
Gesprächen mit ihren Problemen auseinandersetzen. Durch den
Kontakt mit anderen Kindern in ähnlichen Lagen wird das
Selbstbewusstsein gestärkt und die Kinder finden neuen Mut.
Sie lernen hier, dass sie sich nicht schämen müssen, weil ein
Elternteil suchtkrank ist. Die Kinder werden ganz einfach
stark. Zeitgleich besteht unter der Leitung von Manfred Hurt
(Kreuzbund Diözesanverband Limburg) für die Erwachsenen ein
Gruppenangebot, das in separaten Räumen stattfindet. Hier
können sich die Erwachsenen mit ihrer Situation
auseinandersetzen und dadurch auch die Ängste ihrer Kinder
besser verstehen. Derzeit befinden sich 9 Kinder in der
Betreuung.
Alle diese Berichte zeigen, wie wichtig und bedeutsam es ist, diesen
Kindern aus suchtbelasteten Familien eine Unterstützung zu
geben. 220 000 Kinder im Land Hessen wachsen mit suchtkranken
Eltern auf lautete eine Pressemeldung der deutschen Presse
Agentur (dpa) in der vergangenen Woche. Etwa ein Drittel
dieser Kinder werden einer Studie zufolge ebenso suchtkrank
und ein weiteres Drittel entwickelt eine psychische oder
soziale Störung.
Im letzten Teil der Veranstaltung konnten die Teilnehmenden in
Kleingruppen mit den drei Referent/- innen die Konsequenzen
für die Selbsthilfearbeit reflektieren.
In der Abschlussrunde im Plenum wurde noch einmal deutlich wie sehr das
Thema die Anwesenden berührte und dass sich viele eine noch
größere Einbeziehung der Familie in die Suchtselbsthilfe
vorstellen können.
Ganz besonderer Dank gilt der HLS- Geschäftsstelle um Geschäftsführer
Wolfgang Schmidt-Rosengarten (Bild rechts) für die
ausgezeichnete Organisation und Durchführung der
Veranstaltung.
Bericht: Silvia Altmannsberger,
Kreuzbund
Hessen
Bilder: Hessische Landesstelle für
Suchtfragen (HLS) und Steffen
Fachinger (Kreuzbund Limburg)